Montag, 18. Januar 2021

Kurzgeschichte: Was tue ich nur mit Ihnen...

 Was soll ich Ihnen dazu sagen? Mein Gott, ja! Ich habe auf den Knopf gedrückt. Und was ist schon schlimmes passiert? Schauen Sie sich um, hören Sie! Riechen Sie! Es ist viel besser jetzt, das müssen sie doch zugeben. Das bisschen Schmerz. Das bisschen Leid. Die Tränen auf dieser Welt sind für ein paar Minuten geflossen. Aber nun... Es weint keiner mehr, hören Sie? 

Ich habe das ja nun wirklich nicht getan um mich hervorzuheben. Vor wem auch. Es ist ja keiner mehr da um zu mir aufzuschauen. Ok, ok! Sie sind noch da. Aber Sie müssten sich sehen. Wie sie da auf den Knien hocken. Dieser ungläubige, entsetzte Gesichtsausdruck. Ich kann wirklich kein Mitleid haben, sie erkennen ja die positive Veränderung gar nicht. 

Was meinen Sie? Wie ich...? Wie ich es getan habe? Ach, das ist doch irrelevant. Für Sie reicht es zu wissen, das es nur galt einen Knopf zu drücken. Und dann sind sie alle umgefallen, von Krämpfen gequält. Im Grunde...im Grunde sollten sie mir wirklich alle danken. Diese Auslöschung hat sie nochmal spüren lassen, was "Sein" heißt. Den eigenen Körper zu spüren. Angst zu haben. Empfindungen...und pures Entsetzen ist nun mal wirklich eine der stärksten Empfindungen überhaupt.

Sie werden mir recht geben, dass viele Menschen ja schon seit langem gar nichts mehr gespürt haben. Ich! Ich habe ihnen nochmal das ganze Spektrum gezeigt, dass wäre ja sonst Vielen verwehrt geblieben. 

Bitte was meinen Sie? Was mit Ihnen nun passiert? Ach Gottchen, darüber hatte ich noch keine Zeit nachzudenken. Das Sie überhaupt noch da sind. Nach all den Jahren, zwischen all dem Tod. Der Verwesung. Ich wähnte mich allein, war so zufrieden. Ich konnte tanzen durch die Zeugnisse einer Zeit wie sie nie wieder auferstehen wird. Es war so schön mit den Toten zu reden. Aus ihren Mündern kam kein Gebrabbel mehr, kein unnützes Wort. Ich tanzte durch meine Welt. Über meine Ruinen. Über alles Vergangene was mir überlassen war. 

Sie stören mich, mein Freund! Sie stören mein Wohlgefühl. Wenn Sie noch da sind, gibt es eventuell noch Andere. Ich schäme mich doch so sehr, wenn andere  mir beim tanzen zusehen. Sie könnten lachen, mich verhöhnen, meinen Sie nicht? Also was tue ich mit Ihnen? Was tue ich nur mit Ihnen...

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